FC GEBESEE 1921 e. V.
Offizielle Homepage

Hoffnung wächst in Millimetern

Michael Schmidt, 11.01.2008

Hoffnung wächst in Millimetern

Gymnastik, Entspannung und wieder Gymnastik. Seit Steve Voigt vor einem Monat vom Nordhäuser Krankenhaus in die Reha-Klinik nach Bad Tennstedt gekommen ist, gehören vier bis sechs Therapieübungen zum täglichen Programm. Tag für Tag. Und mit jedem scheint die Zeit der Eigenständigkeit einen Schritt näher zu rücken - einen kleinen.


ERFURT. "Die Therapeuten sagen, dass sich etwas tut", meint der einstige Gebeseer Fußballer, der vor fünf Monaten während einer Fahrradtour ins Kurztrainingslager nach Kelbra schwer verunglückt und seither ans Krankenbett gefesselt ist (TA berichtete). Wie die noch immer regelmäßigen Besuche der Kumpels machen solche Sätze der Mediziner Mut. Richtig daran glauben kann er an manchen Tagen dennoch nicht.Verbände und ein Drahtgestell umfassen noch das linke Bein. Und trotz einiger Operationen scheint sein linker Arm nach wie vor ohne Leben zu sein. Die Muskulatur soll zwar inzwischen auf die Reizung der Nerven ansprechen, die Anfang Dezember in einer Dresdner Spezialklinik verpflanzt worden sind. "Aber ich kann es selber nicht spüren. Die Muskeln sind wohl zu schwach", redet sich der 26-Jährige zuweilen als Grund ein. Die Hoffnung jedenfalls will er nicht aufgeben.Sich in Geduld zu üben fällt ihm schwer. Immerhin etwas leichter als noch vor ein paar Monaten in Nordhausen. Mehr als vier Monate hat der "Dienstälteste" der Station 7 A, wie er von den Pflegern liebevoll genannt wurde, in der Südharz-Klinikzugebracht. Meist im Bett mit Musikhören, Lesen und Nachdenken. "Hier bist du wenigstens gezwungen, etwas zu machen", freut sich Steve Voigt über die verordnete Abwechslung durch die Reha-Maßnahmen. Nicht nur, weil das Gefordertsein - sei es nur, mit dem Rollstuhl pünktlich zu den Mahlzeiten im Essensaal zu erscheinen - Fortschritte mit sich bringt und die Zuversicht nährt, irgendwann wieder ohne Hilfe auszukommen. Wenn sich der Informatikstudent abends an seine Aufzeichnungen der seinerzeit begonnenen Ab- schlussarbeit begibt, hat er ebenfalls das Gefühl, die Tage vergingen irgendwie zügiger.Womöglich werden die Stunden am Sonntagnachmittag sogar schneller verrinnen, als es dem 26-Jährigen lieb ist. Wie zu Weihnachten und am Silvesterabend darf er aus der Klinik. "Ich freue mich schon drauf", ist der frühere Stürmer neugierig auf das Benefizspiel, das seine Gebeseer Fußballkumpels für ihren "Socke" organisiert haben. Ab 13 Uhr ist der FC Rot-Weiß, bei dem Voigt viele Jahre aktiv gewesen ist, beim Landesklässler zu Gast. "Das ist schon cool, wie sie das so alles drehen", sagt Socke. Es rührt ihn, wenn er an die vielen Hilfsaktionen denkt, die seine einstigen Mannschaftsgefährten um Michael Mähler ins Leben gerufen haben. Nicht allein der Erlös durch Eintrittsgelder geht auf das Spendenkonto für den 26-Jährigen. Nachdem bereits Nationaltrikots von Clemens Fritz und Per Mertesacker versteigert worden sind und am Sonntag den neuen Besitzern überreicht werden, hoffen die Blau-Weißen, dass für die signierten Dresse der früheren Rot-Weißen Marco Engelhardt (1. FC Nürnberg) und Tom Bertram (Greuther Fürth) übermorgen ebenfalls ordentlich geboten wird und der eine oder andere Euro in die Spendenbüchse kommt.Jeden davon kann Steve Voigt gut gebrauchen, damit er nach seinen Zeit unter medizinischer Obhut ohne fremde Hilfe den Alltag meistern kann. Wann das sein wird, vermag noch niemand so recht zusagen. Am wenigsten Steve Voigt selbst. Doch sehnt er den Tag herbei, an dem er im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf eigenen Füßen steht."Dafür könnte aber mal etwas mehr passieren", wünscht sich Steve Voigt mit seinem Arm vor allem auch spürbare Fortschritte. Für die am damals zertrümmerten linken Bein ist er selber mit zuständig. Jeden Tag bewegt er den Unterschenkelknochen mittels des Fixateurs einen Hauch nach unten. "Stichtag ist der 1. Mai. Dann müsste der Knochen am Fuß angekommen sein", weiß Socke, dass dann ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Eigenständigkeit geschafft wäre. "Das Jahr wird aber noch ganz schön hart werden", ahnt der 26-Jährige. Seine Hoffnung wächst zumindest täglich. Wenn auch in Millimeterschritten.

Quelle:TA Lokalteil Erfurt, Freitag 11.01.2008